The Political Economy of Wealth

Conference

  • Beginn: 22.11.2023
  • Ende: 23.11.2023
  • Ort: Cologne
The Political Economy of Wealth
We are interested in wealth both as a dependent and as an independent variable. How do policies and institutions impact the accumulation and concentration of wealth? And how does wealth concentration impact politics?

In relation to the former question, the conference focuses on what research has shown to be key determinants for top-end wealth inequality. This includes the relationship between large fortunes and political power; the politics of taxation; and the size and power of the wealth defense industry, notably asset managers and global accountancy firms. At the same time, despite its highly unequal distribution, wealth also impacts the political preferences of the middle classes. Here, we are interested in the effects of asset ownership, notably of housing and retirement assets, on households’ perceptions of inequality, political preferences, and electoral behavior. Finally, the conference addresses the question of how wealth concentration changes societies over the medium- to long term. What is the relevance of oligarchic ownership structures in politically important sectors, such as the media? How does this vary between liberal-democratic and authoritarian political systems? Here, broader historical and theoretical reflections can make an important contribution. How can we conceptualize societies in which wealth, and therefore opportunity and life outcomes, are highly unequally distributed, often across generations? Populist revolts, major wars, a global pandemic, and a dramatic escalation of the climate crisis – the decade since the publication of Thomas Piketty’s Le capital au XXI siècle has seen more of Walter Scheidel’s four horsemen than almost anyone would have predicted. And yet, r has remained greater than g, and the concentration of wealth has continued largely unabated. How do we explain this pattern? And should we expect it to last, or are the return of inflation and the rise of interest rates harbingers of a regime shift? In order to answer these (big) questions, which invariably lead into interdisciplinary territory, this conference brings together leading scholars on the political economy of wealth from various disciplines. The conference is organized by Jens Beckert and Benjamin Braun.


Konferenzbericht

Im November 2023 hat am MPIfG die Konferenz „The Political Economy of Wealth“ stattgefunden. Zu der von Jens Beckert und Benjamin Braun organisierten Veranstaltung fanden sich Forschende aus der Politikwissenschaft, der Soziologie und der Geografie zusammen. Anders als die beiden Vorgängerkonferenzen des Forschungsschwerpunkts „Vermögen und soziale Ungleichheit“, bei denen soziologische Perspektiven im Mittelpunkt standen, lag der Fokus nun auf politökonomischen Aspekten.

Die zunehmende Vermögensungleichheit wirft die Frage auf, inwieweit große Vermögen mit politischem Einfluss verbunden sind. Die Konferenz betrachtete diese Thematik aus zwei Blickwinkeln. Melinda Cooper (Universität Sidney) untersuchte die erneut erstarkende Rolle vermögender Familien, die durch „family offices“ ihr Vermögen dynastisch sichern und ihre finanzielle Stärke in politischen Einfluss ummünzen. Politische Verflechtungen großer Vermögen schützen diese jedoch nicht immer vor Verlust: Katarzyna Sałach-Dróżdż (Universität Warschau) beschrieb die Auswirkungen politischer Verbindungen großer Vermögen in Polen und zeigte, dass dies nicht zwangsläufig zu Vetternwirtschaft führen muss.

Die wachsende ökonomische Bedeutung großer Vermögenswerte bedingt einen expandierenden Finanzsektor, dessen Dynamiken Benjamin Braun (MPIfG) und Brett Christophers (Universität Uppsala) darlegten. Braun interpretierte die immer wichtigere Rolle von Vermögensmanagern und von großen Fonds als Charakteristika eines neuen Vermögensregimes: des Asset-Manager-Kapitalismus. Christophers ging anschließend detaillierter auf diese Praktiken ein und illustrierte, wie Kapital von Pensionsfonds in Investitionen fließt, die Arbeitsplätze anderer Menschen vernichten. Die durch Komplexität bedingte Intransparenz des Finanzregimes ermögliche die Verwendung von Kapitalmitteln, die den Interessen der eigentlichen Eigentümer zuwiderlaufen.

Dass Vermögende die Komplexität des globalen Finanzregimes nutzen, um ihr Eigentum zu schützen, unterstrich Nikhil Kalyanpurr (London School of Economics and Political Science) und erweiterte diese Perspektive auf internationale Kapitalströme. Er erläuterte, wie Oligarchen Investitionsschutzverträge nutzen, um ihr Kapital mittels „Roundtrip-Investitionen“ durch Steueroasen zu schleusen und so den Schutz multilateraler Verträge zu beanspruchen. Dies diene der Abwehr politisch motivierter Bedrohungen, insbesondere in autoritären Staaten. Victoria Panuagua (London School of Economics and Political Science) zeigte anschließend am Beispiel Spaniens während der Franco-Diktatur, dass Vermögende unter autoritären Regimen aus diesem Grund die Nähe zu politischen Eliten suchen.

Ein wichtiger Aspekt, der große Vermögen bedroht und den die beschriebenen Strategien zu umgehen suchen, ist die staatliche Umverteilungspolitik. Björn Bremer (Central European University) präsentierte experimentelle Umfragedaten, die darauf hindeuten, dass Bestrebungen zur Umverteilung schwächer ausgeprägt sind, wenn wirtschaftliche Ungleichheit mit sozialer Ungleichheit Hand in Hand geht. Paul Marx (Universität Bonn) führte Studienergebnisse zu Einstellungen gegenüber der Besteuerung großer Vermögen in Deutschland an. Daraus wird deutlich, dass eine weit verbreitete Zustimmung zu Umverteilungsmaßnahmen auf einer eher oberflächlichen Beschäftigung mit dem Thema beruht und vermögensbewahrende Narrative bei intensiverer Betrachtung überwiegen.

Laura Seelkopf (LMU München) und Lucy Barnes (University College London) vertieften das Thema der Besteuerung. Seelkopf beleuchtete die Entwicklung von Vermögensbesteuerung und deren potenzielle Umverteilungswirkung, zeigte aber, dass dieses Instrument nicht vor erneuter Ungleichheit schützt. Die Konferenz verdeutlichte insgesamt, wie tief verwurzelt Vermögensungleichheit ist und dass sie Gesellschaften langfristig prägen wird.

Zum Abschluss erweiterten Jens Beckert (MPIfG) und Will Davies (Goldsmiths, University of London) die Diskussion um eine sozialtheoretische Perspektive. Beckert fragte, welche Art von Gesellschaft entsteht, wenn die Renditen das Wachstum übersteigen – R > G – und schlug das Konzept der „asset society“ vor, in Anlehnung an die „asset economy“, mit abgrenzenden ökonomischen, legalen, politischen und normativen Eigenschaften. Davies diagnostizierte ein normatives Vakuum in dieser Gesellschaft und warf die Frage auf, wie wir in einer Gesellschaft vermögensbasierter Werte leben könnten.

Nicholas Nägele

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