Rendite machen und Gutes tun? Mikrokredite und die Folgen neoliberaler Entwicklungspolitik
Gerhard Klas, Philip Mader (Hg.)
MPIfG Buch
Zusammenfassung
Mikrokredite sind seit mehr als zehn Jahren zentraler Bestandteil der Entwicklungspolitik. Sie werden als Wunderwaffe gegen die Armut gepriesen, mit der sich Frauen emanzipieren und Kleinunternehmerinnen eine Existenzgrundlage erarbeiten können. Unter dem Stichwort "Social Business" werben Finanzprogramme für eine angeblich humane Marktwirtschaft. Doch der schöne Schein trügt. Drei Jahrzehnte nach Gründung der weltbekannten Grameen Bank durch Muhammad Yunus gibt es keine stichhaltigen Belege für die Heilsversprechen der Mikrofinanz. Im Gegenteil: Mikrokredite mit exorbitant hohen Zinsen bürden Menschen mit unsicheren Existenzen und wenig Chancen nachweislich zusätzliche Schulden, Risiken und Arbeit auf. In diesem Buch zeigen Forscher, Entwicklungspraktiker und Journalisten – darunter Maren Duvendack, Thomas Gebauer, Kathrin Hartmann und Werner Raza –, warum der Versuch, Armut mit Schulden zu bekämpfen, gescheitert ist. Darüber hinaus diskutieren sie Wege einer solidarischeren Entwicklungspolitik, die unter anderem auf subventionierte Kredite setzt, auf die Stärkung des öffentlichen Sektors und damit auf Kooperation statt auf Einzelkämpfertum.
Inhalt
Einleitung
Gerhard Klas und Philip Mader
Teil I Versprechen und Realitäten der Mikrofinanz
Wir wissen nur, dass wir nichts wissen: Zur Beweislage über die Wirksamkeit von Mikrofinanzen
Maren Duvendack
Kleine Kredite, große Geschäfte und die andere Finanzkrise: Finanzialisierung des Alltags durch Mikrokredite für Frauen in Indien
Christa Wichterich
Mikrokredite gegen Armut: Dichtung und Wahrheit in Bangladesch
Andrea Rahaman
Erinnerung an eine schwere Zeit: Widerstand und lokale Aneignung von Mikrofinanzprojekten im Sudan
Gihan Abdalla und Ulrike Schultz
Nach der Krise ist vor der Krise
Gerhard Klas
Lokale wirtschaftliche Entwicklung dank Mikrofinanz: Fehlanzeige
Werner Raza
Teil II Neue Entwicklungen und falsche Alternativen
Social Business: Können Weltkonzerne Armut bekämpfen?
Kathrin Hartmann
Kommerzialisierung und Armutsbekämpfung: Ein auflösbarer Zielkonflikt?
Sophia Cramer
Mikroversicherungen: Teil der Lösung oder Teil des Problems?
Philipp Degens
Der Strategiewechsel in der Mikrofinanz: Vom Unternehmerkredit zur "finanziellen Inklusion"
Sophia Sabrow
Stigma, Schuld und Korruption: Die kambodschanische Sanitärversorgung als Experimentierfeld neoliberaler Entwicklungspolitik
Heino Güllemann
Teil III Schulden und die neoliberale Kolonialisierung von Lebenswelten
Mikrokredite: Konkurrenz statt Solidarität
Thomas Gebauer
Privatverschuldung als Kompensationsmechanismus im Norden und Süden: Zum neoliberalen Kontext der Mikrofinanz
Daniel Mertens
Finanzialisierung der Armut
Philip Mader
Wer braucht überhaupt "Entwicklung"?
Aram Ziai
Schlusswort
Mikrofinanz und NGOs in Bangladesch: Ein Modell des Neoliberalismus
Anu Muhammad
Mikrofinanz: Fragen und Antworten (F.A.Q.)
Herausgeber
Gerhard Klas
Philip Mader
Auszeichnungen
Dissertationsschrift mit Deutschem Studienpreis ausgezeichnet
Für die kritische Analyse der Armutsbekämpfung durch Mikrokredite erhielt Philip Mader den ersten Preis in der Kategorie Sozialwissenschaften des Deutschen Studienpreises 2013 für seine Dissertationsschrift. Wie Mader darin belegt, führen Mikrokredite zur Ausbeutung der Ärmsten der Armen durch die Finanzindustrie, die ihren Kreditnehmern hohe Zinsen abverlangt und sie dann hochverschuldet zurücklässt.