Fritz W. Scharpf wird 90 Jahre alt

12. Februar 2025

Am 12. Februar 2025 feiert Fritz W. Scharpf, Direktor Emeritus am MPIfG, seinen 90. Geburtstag. Scharpf gehört zu den renommiertesten Politikwissenschaftlern Deutschlands. Seine Forschungen zur Politikverflechtung und zur Mehrebenen-Governance in der Europäischen Union gelten international als wegweisend. Insbesondere seine Unterscheidung zwischen Input- und Output-Legitimität hat die Debatte über demokratische Legitimation in der EU nachhaltig geprägt.

Nach dem Studium der Rechtswissenschaft und Politischen Wissenschaft in Tübingen, Freiburg und Yale sowie der Promotion begann Scharpf seine akademische Karriere 1964 als Assistant Professor of Law in Yale. Zwei Jahre später kehrte er mit einem DFG-Habilitationsstipendium in die Bundesrepublik zurück. 1968 erhielt er als ordentlicher Professor für Politikwissenschaft einen Ruf an die Universität Konstanz. Von 1973 bis 1984 war er als Direktor des Internationalen Instituts für Management und Verwaltung am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) tätig. 1986 wurde er dann als zweiter Direktor an das ein Jahr zuvor gegründete Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung (MPIfG) in Köln berufen. Bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2003 gestaltete er die Entwicklung des MPIfG zuerst zusammen mit der Soziologin und Gründungsdirektorin Renate Mayntz und dann mit dem 1995 berufenen Direktor Wolfgang Streeck maßgeblich mit.

Zu Scharpfs Forschungsspektrum gehören vergleichende Studien zu Inflation, Arbeitslosigkeit und Krisenpolitik in Westeuropa sowie Analysen zur Politischen Ökonomie des Wohlfahrtsstaates unter den Bedingungen der Globalisierung. Besondere Aufmerksamkeit widmete er der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion. Seine interdisziplinären Ansätze und Erkenntnisse fanden nicht nur in der Politikwissenschaft, sondern auch in den Wirtschaftswissenschaften, der Soziologie und der Rechtswissenschaft breite Rezeption. Scharpfs wissenschaftliche Innovationskraft manifestierte sich insbesondere in dem in enger Zusammenarbeit mit Renate Mayntz entwickelten „akteurzentrierten Institutionalismus“, ein Ansatz, der die Wechselwirkungen zwischen institutionellen Strukturen und dem strategischen Handeln politischer Akteure ins Zentrum des Interesses stellt.

Neben seinen theoretischen Arbeiten hat Scharpf stets aktiv den Transfer politikwissenschaftlicher Erkenntnisse in die Praxis betrieben. Als engagiertes Mitglied in Reformkommissionen zur Staatsmodernisierung brachte er seine theoretischen Erkenntnisse seit den Siebzigerjahren mehrfach direkt in die Politikberatung ein.

Seine internationale Karriere führte ihn als Gastprofessor an namhafte Institutionen in Stanford, Florenz und Paris. Für seine Forschungen wurde Scharpf vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Johan-Skytte-Preis (2000) für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Politikwissenschaft. 2004 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen. Im vergangenen Jahr erhielt er den erstmalig verliehenen Lebenswerkpreis der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft (DVPW).

Auch nach seiner Emeritierung ist Fritz W. Scharpf bis zum heutigen Tag am MPIfG wissenschaftlich aktiv geblieben. Am 6. März würdigt das Institut den besonderen Anlass seines 90. Geburtstags mit einem wissenschaftlichen Symposium, das sich mit Fragen der erkenntnistheoretischen Grundlagen der Sozialwissenschaften beschäftigen wird.

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